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1995 Frühchristliche Kunst

Mitte Dezember 1995 bis Oktober 1996
Frühchristliche Kunst
Neuerwerbungen und Bestand

Zeugnisse des frühen Christentums sind selten in unseren Breiten. Goldstrahlende Mosaiken und im Dunkeln verborgene Katakombenmalerei sucht man hier vergeblich. Buchillustration und Elfenbeinschnitzerei haben sich in nur wenigen Museen und in schwer zugänglichen Bibliotheken erhalten. Ein beliebtes Sammelgebiet sind jedoch die Textilien der spätantiken Kopten, der ägyptischen Christen. Als Gewänder des feiertäglichen Lebens wurden sie den Toten mit in das Grab gegeben und haben die Jahrhunderte im Wüstensand gut überstanden. Heidnische Götter und Personifikationen sind so in die Bildsprache des frühen Christentums gelangt. Im 4. Jahrhundert noch dem illusionistischen Stil verpflichtet, wenden sich die Darstellungen in der Folgezeit, unter dem Einfluß des Islam, einem stetig zunehmenden Abstraktionsgrad zu. Genuin christliche Thematik ist selten. Sie entwickelt sich in anderen Bereichen der Kunst. Ganz am Anfang stehen die Mosaiken der konstantinischen Kirchen an den Heiligen Stätten der Christenheit. Einen Reflex auf diese wenig erhaltenen »Monumentalgemälde« finden wir auf den kleinen Blei-Ampullen, die vor allem im 6. Jahrhundert als typische, wenn auch heute seltene Pilgerandenken ihren Weg in das Abendland fanden. Gefüllt mit dem Öl, das durch die Berührung mit den verehrten Orten deren Heilswirkung »konservierte«, geben sie auf ihren Wandungen die verlorenen Kompositionen wieder – hier z. B. die von zwei Engeln flankierte Mutter Gottes. Ein spätantiker Papyrus führt die sog. Hetoimasia vor Augen, den für die Wiederkehr bereiteten Thron des noch nicht offenbarten erhöhten Gottes – eine Darstellung, die ebenfalls ganz am Anfang der christichen Bildfindung steht. Eingebunden in den alten, nun restaurierten Bestand geben die zukünftig in wechselnder Auswahl vorgestellten Neuerwerbungen Einblick in die Geburt einer Bilderwelt, die sich bis in die Gegenwart fortsetzt.