1998 Glaube und Wissen
7. August bis 15. November 1998
Glaube und Wissen im Mittelalter
Die Kölner Dombibliothek
Inmitten seiner in Kisten verwahrten Bücher thront Erzbischof Friedrich I. von Köln (1100-1131) auf dem Stifterbild der nach ihm benannten Handschrift. Das 750-jährige Domjubiläum ist unser Anlaß, den Reichtum der Kölner Dombibliothek in einer Auswahl von mehr als einhundert Handschriften des 6. bis 16. Jahrhunderts erstmals vorzustellen. In ihr haben sich grundlegende Werke der abendländischen Geistesgeschichte in z.T. singulärer Überlieferung ebenso erhalten, wie kostbarste liturgische Handschriften, die der Meßfeier besonderen Glanz verliehen. Zur Zeit Friedrichs konnte die Dombibliothek bereits auf eine lange Geschichte zurückblicken. Der Erbauer des karolingischen Domes Erzbischof Hildebald (vor 787- 818) hatte die ersten Bücher erworben, um die Ausbildung des z.T. noch analphabetischen Klerus sicherzustellen. Gelehrt wurde die Lektüre der Heiligen Schrift und deren Auslegung durch die Kirchenväter. Über das richtige Leben unterrichteten juristische Handschriften, in denen die Beschlüsse der frühchristlichen Konzilien aufgezeichnet waren, oder die in Büchern überlieferten Ausführungen ehrwürdiger Mönchsväter und Päpste. Doch konnte man auch auf antik-heidnisches Bildungsgut nicht verzichten, das in das System der Freien Künste eingebunden war: Grammatik, Rhetorik, Mathematik und Zeitrechnung. Seit dem 12. Jahrhundert geht die geistige Ausbildung in die Verantwortung der sich langsam bildenden Universitäten über: Paris, Oxford, Bologna und auch Köln sind Zentren des neuen Denkens. Neue Bücher entstehen, in denen sich nun auch der zur Autorität gewordene Lehrer zu Wort meldet. Petrus Lombardus (gest. 1160) sammelt in seinem »Liber Sententiarum« Überlegungen zur Heiligen Schrift, Gratian (gestorben um 1150) legt in seinem ‚Decretum’ einen bis heute wirksamen Grundstein des Kirchenrechts. Die Wiederentdeckung der Schriften des Aristoteles führt zu einem heftigen Diskurs, der letztlich in die Trennung von Philosophie und Theologie mündet. Mit der Gründung des Kölner Dominikanerstudiums verliert die Kölner Domschule im 13. Jahrhundert an Bedeutung. Doch führt das zunehmende Stiftungswesen zur Vorsorge für das Jenseits nun zu einem Anwachsen der Anzahl prachtvoller Handschriften, die in der Liturgie Verwendung fanden. Schon Hildebald und seine Nachfolger hatten die für die korrekte Feier der Messe nach römischem Vorbild nötigen Bücher erworben, in denen sich frühe Zeugen liturgischer Entwicklung spiegeln. Im späten Mittelalter wuchs der Bedarf an illuminierten Codices in einer Weise, daß ganze Klöster, wie das der Kölner Fraterherren, ihren Unterhalt mit deren Herstellung finanzieren konnten. Die einzigartige Ausstellung zum Kölner Domjubiläum gewährt einen faszinierenden Einblick in die Entwicklung von Glaube und Wissen vom frühen Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit.
(Buchpublikation)
Glaube und Wissen im Mittelalter
Die Kölner Dombibliothek
Inmitten seiner in Kisten verwahrten Bücher thront Erzbischof Friedrich I. von Köln (1100-1131) auf dem Stifterbild der nach ihm benannten Handschrift. Das 750-jährige Domjubiläum ist unser Anlaß, den Reichtum der Kölner Dombibliothek in einer Auswahl von mehr als einhundert Handschriften des 6. bis 16. Jahrhunderts erstmals vorzustellen. In ihr haben sich grundlegende Werke der abendländischen Geistesgeschichte in z.T. singulärer Überlieferung ebenso erhalten, wie kostbarste liturgische Handschriften, die der Meßfeier besonderen Glanz verliehen. Zur Zeit Friedrichs konnte die Dombibliothek bereits auf eine lange Geschichte zurückblicken. Der Erbauer des karolingischen Domes Erzbischof Hildebald (vor 787- 818) hatte die ersten Bücher erworben, um die Ausbildung des z.T. noch analphabetischen Klerus sicherzustellen. Gelehrt wurde die Lektüre der Heiligen Schrift und deren Auslegung durch die Kirchenväter. Über das richtige Leben unterrichteten juristische Handschriften, in denen die Beschlüsse der frühchristlichen Konzilien aufgezeichnet waren, oder die in Büchern überlieferten Ausführungen ehrwürdiger Mönchsväter und Päpste. Doch konnte man auch auf antik-heidnisches Bildungsgut nicht verzichten, das in das System der Freien Künste eingebunden war: Grammatik, Rhetorik, Mathematik und Zeitrechnung. Seit dem 12. Jahrhundert geht die geistige Ausbildung in die Verantwortung der sich langsam bildenden Universitäten über: Paris, Oxford, Bologna und auch Köln sind Zentren des neuen Denkens. Neue Bücher entstehen, in denen sich nun auch der zur Autorität gewordene Lehrer zu Wort meldet. Petrus Lombardus (gest. 1160) sammelt in seinem »Liber Sententiarum« Überlegungen zur Heiligen Schrift, Gratian (gestorben um 1150) legt in seinem ‚Decretum’ einen bis heute wirksamen Grundstein des Kirchenrechts. Die Wiederentdeckung der Schriften des Aristoteles führt zu einem heftigen Diskurs, der letztlich in die Trennung von Philosophie und Theologie mündet. Mit der Gründung des Kölner Dominikanerstudiums verliert die Kölner Domschule im 13. Jahrhundert an Bedeutung. Doch führt das zunehmende Stiftungswesen zur Vorsorge für das Jenseits nun zu einem Anwachsen der Anzahl prachtvoller Handschriften, die in der Liturgie Verwendung fanden. Schon Hildebald und seine Nachfolger hatten die für die korrekte Feier der Messe nach römischem Vorbild nötigen Bücher erworben, in denen sich frühe Zeugen liturgischer Entwicklung spiegeln. Im späten Mittelalter wuchs der Bedarf an illuminierten Codices in einer Weise, daß ganze Klöster, wie das der Kölner Fraterherren, ihren Unterhalt mit deren Herstellung finanzieren konnten. Die einzigartige Ausstellung zum Kölner Domjubiläum gewährt einen faszinierenden Einblick in die Entwicklung von Glaube und Wissen vom frühen Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit.
(Buchpublikation)