März bis Juni 1997
Richard Serra »The Drowned and the Saved«
Ehemalige Sakristei von St. Kolumba
Am 24.Februar 1997 – einem Tag mit aufhellender Bewölkung – begann auf dem Grundstück der Ruine St. Kolumba ein neues Kapitel seiner zweitausendjährigen Geschichte. Noch bevor die ersten Entwürfe im laufenden Architekturwettbewerb für den Neubau des Museums an diesem Ort abgegeben wurden, legte der amerikanische Bildhauer Richard Serra mit der Installation seiner Stahlskulptur »Die Untergegangenen und die Geretteten« den ideellen Grundstein für die zukünftige Nutzung des Geländes. In der ehemaligen Sakristei, der zwischen 1943 und 1945 bis auf die Umfassungsmauern zerstörten Kirche, fand die 1992 für eine Ausstellung in der Synagoge von Stommeln entstandene Arbeit ihre definitive Heimat. Der Raum befindet sich über einer Gruft, die gefüllt ist mit den Gebeinen der Toten, die seit dem Mittelalter auf dem Gelände beigesetzt und bei den Ausgrabungen Mitte der siebziger Jahre freigelegt wurden. Die Skulptur darüber verweist auf das Verlorengegangene in tieferen Schichten, auf die Abwesenden, die vor uns Gestorbenen, und im skulpturalen Gleichgewicht von Tragen, Lasten und Gegeneinanderlehnen auf die Kausalität, daß die Lebenden ohne die Toten nicht sein können. Sie ist zugleich auch ein Verweiszeichen dafür, daß sich das Museum als Ort des Erinnerns und Bewußtwerdens von Vergangenheit als geschichtliches Fundament für die Zukunft versteht. »Das ist ein wunderbarer Ort«, sagte Serra an diesem Tag, »klein und persönlich. Nach oben kann er offen bleiben, rundherum die als Ruine übriggebliebenen Backsteinwände und gotischen Fensterrahmen. So wird die Skulptur ein Teil der Tradition dieser Stadt.« Im Museum wird das Gelände während dieser Zeit in den Fotografien von Ulrich Tillmann präsent sein, der 1994 eine umfassende künstlerische Dokumentation erstellte. Parallel stellen wir das Ergebnis im Wettbewerb für den Neubau des Museums vor, zu dem 168 Arbeiten eingereicht wurden.
(Werkheft)