Kolumba
Kolumbastraße 4
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»An ihre erste Begegnung mit dem Kolumba-Museum in Köln kann sich die belgische Tänzerin und Choreografin Anne Teresa de Keersmaeker noch gut erinnern: „Ich habe das Gebäude gesehen und es wirklich geliebt. Darauf habe ich noch weitere Bauwerke des Architekten Peter Zumthor besucht. In diesem Museum einmal etwas machen zu können, stand ganz weit oben in meiner Prioritätenliste.“ Begeistert ist De Keersmaeker vor allem vom Zusammenspiel der historischen und der modernen Gebäudeteile, von der Geschichte der Zerstörung und vom Wiederaufbau. „Es ist wirklich ein Vergnügen, hier die Details des Gebäudes zu erkunden – die Materialien, die Linien und das natürlich einfallende Licht.“ Das Gebäude habe verschiedene Aspekte vom Gefängnis bis zur Kathedrale und dem Ort des Nachdenkens. | Jetzt ist die Choreografin mit ihrer Compagnie Rosas und dem Stück „Dark Red“ noch bis zum 20. September täglich von 12 bis 17 Uhr zu Gast im Kolumba. Gestern gab es die Uraufführung auf der zweiten Etage. Zuvor war De Keersmeaker bereits mit adaptierten Stücken unter anderem im Moma in New York, in der Tate Gallery in London und im Centre Pompidou in Paris zu Gast. „Dark Red“ ist anders als bislang, das erste speziell für ein Museum und seine Architektur geschaffene Stück. Es ist der Auftakt der Sonderausstellung „Das kleine Spiel zwischen dem Ich und dem Mir“, die Kunst und Choreografie verbindet. Insgesamt acht Kapitel wird es bis in den November hinein geben, jedes mit einer ganz eigenen Herangehensweise und einem ganz eigenen Schwerpunkt. Zu jedem Kapitel wird es im Kolumba ein eigenes Künstlerheft geben. | „Dark Red“ schafft ausgehend von der Zahl 12 Raum für gegenseitige Interpretation: Ein Dodekaeder, der aus zwölf regelmäßigen Fünfecken gebildet wird, die zwölf Teile von Salvatores Sciarrinos „L'Opera Per Flauto“, zwölf männliche Tänzer und die zwölf Apostelbilder von El Greco. In ihrem neuesten Stück konzentriert sich De Keersmaeker auf die moderne Wissenschaft. Im leeren Museumsgebäude von Kolumba mit seinen labyrinthartigen Räumen kommt es einem vor, als könnte man Gottfried Leibniz und Isaac Newton streiten hören über die Schwerkraft, über die Natur von Zeit und Raum und die Polarität der Substanzen. Für die Konzeption ihrer Stücke geht De Keersmaeker oft von den einfachsten Bewegungen aus. Bei „Dark Red“ ist dies die Atmung. Mit ihren spezifischen Atemtechniken ist die Opera per Flauto Ausgangspunkt, um die Bewegung des Tanzes mit der Bewegung der Musik zu verbinden. | Das vereint sich alles im zweiten Obergeschoss des Kolumba, das von Tageslicht durchflutet wird. Die Kunstwerke dort wurden für die Tänzer und die zwei Musiker komplett entfernt, sodass die Bewegung und der Tanz hier ganz im Mittelpunkt stehen. Da, wo sonst Kunstwerke die Räume bewohnen, kommen jetzt Körper von Tänzern ins Spiel. „Dark Red“ handelt von der fragilen und zerbrechlichen Beziehung des menschlichen Körpers zur Natur. Diese Thematik findet Ausdruck in der choreografischen Interpretation von Albrecht Dürers „Die Melancholie“. Er wird für Keersmaeker zum Sinnbild des Abgrunds, an dem sich die Unmöglichkeit einer totalen Begreifbarkeit und Kontrolle der Natur zeigt. | Aus der Raumsituation ergibt sich in Corona-Zeiten ein weiterer Vorteil: der Luftaustausch im Raum kann zu 100 Prozent mit Frischluft erfolgen, die von oben in den Raum eindringt und die Aerosole von oben auf den Boden drückt, wo diese abgesaugt werden können. Trotzdem gelten auch hier Maskenpflicht und die Abstandsregeln. So will man sicherstellen, das die Besucher das Geschehen auch wirklich unbeschwert genießen können. | Noch bis in die Nacht haben Anne Teresa de Keersmaeker vor der Uraufführung am Montag noch gearbeitet. Davor war die Woche für die Tänzer und die Choreografin schon sehr intensiv. „Es gibt Dinge, die im Museum anders sind. So haben wir hier nicht wie gewohnt einen Holzboden, was das Tanzen sehr anstrengend macht.“ Entstanden ist die Kooperation in der Zusammenarbeit mit dem Compagnie von Kuratorin Barbara von Flüe vom Kolumba und der Tanzbeauftragten der Stadt, Hanna Koller. Davor hatte De Keersmaeker bereits mehrmals an verschiedenen Orten in Köln gastiert und in der Halle Kalk auch selbst getanzt. | „Für uns war das ein Experiment voller Tücken. Das ist ein Format, das man weder im Museum noch beim Tanz kennt. Aber gerade in dieser für die Kultur schwierigen bis katastrophalen Zeit ist es wichtig, ihr einen Raum zu geben. Dazu muss man Formate überdenken und so Synergien freisetzen. Das Kolumba versteht sich von Anfang an als ästhetisches Labor, in dem wir jetzt in jeder Woche eine weitere künstlerische Position vorstellen“, sagt Museumsdirektor Stefan Kraus. | Kombiniert wird der Tanz auf der zweiten Etage mit einer Ausstellung in den Räumen darunter. Dort sind Zeichnungen der Choreografin De Keersmaeker zu sehen, die von ihr mit Objekten aus der Sammlung des Kolumba kombiniert worden sind. In den Werken der Belgierin werden Bewegungen in Zeichen umgeschrieben. Es geht um die Organisation von Bewegung in Raum und Zeit. Sie sind in verschiedenen geometrischen Formen festgeschrieben worden.« (Stephan Eppinger, report-k, Internetzeitung Köln, 14.9.2020)

»Das Kölner Museum Kolumba begeistert mit seiner neuen Jahresausstellung „1919 49 69 ff – Aufbrüche“. Köln | Das Kolumba geht als Museum gerne seine ganz eigenen Wege – so verlängerte man im Vorjahr die Kooperation mit dem Römisch-Germanischen Museum und nahm sich für die Konzeption und Vorbereitung der neuen Jahresausstellung deutlich mehr Zeit – in eine Investition, die sich eindeutig gelohnt hat. „1919 49 69 ff – Aufbrüche“ lautet der Titel der neuen Schau, die sich durch das gesamte Haus vom Foyer bis in den zweiten Stock zieht. Sie besteht vorwiegend aus Objekten aus der eigenen, umfangreichen Sammlung des Kolumba. Noch nie hat man so viele Werke in einer Schau gezeigt und noch nie wurden so viele zum ersten Mal den Besuchern präsentiert. | Chronologisch nach den Katastrophen und Umbrüchen des vergangenen Jahrhunderts ist das Ganze aufgebaut. Ein Symbol für den Aufbruch findet sich direkt nach dem Eingang – es ist Victoria Bells „Propeller für D“ - eine mächtige Holzskulptur, der man nicht so recht abzunehmen mag, dass sie jederzeit abheben könnte. Das Symbol des Propellers in Form von 640 Computerlüftern, die in einen riesigen Schildkrötenpanzer integriert sind, der ein wenig an Star Wars erinnert, findet sich bei Marek Poliks Klangskulptur „Interdictor“ im zweiten Stock wieder. Hier erzeugen die kleinen Ventilatoren den einzigartigen Sound der Installation, die auch begehbar ist. Sie steht im Kontrast und im direkten Zusammenspiel mit Norbert Prangenbergs farblich und von der Form sehr bewegten Riesengemälde an der Wand gegenüber. | 1919 – die Zeit nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zeigt, wie aus einer Katastrophe und dem totalen Desaster neue Kreativität entsteht, die auch immer durch die Brille der Kunst sich mit der Gegenwart in Verbindung setzt. Es ist das in diesem Jahr schon viel gefeierte Zeitalter des Bauhauses, das im Kolumba „aus der Froschperspektive“ heraus, nämlich vorwiegend mit Werken Andor Weiningers, erzählt wird. Der Aufbruch spiegelt sich auch bei den Kölner Progressiven und dem Jungen Rheinland wider und präsentieren sich in den Werken von Franz Wilhelm Seiwert und Walter Ophey. | Immer wieder werden besondere Werke zusammen- und gegenüber gestellt. In einem Raum sind dies im notwendigen Dämmerlicht zum Beispiel der futuristische Entwurf für einen Kirchenraum von Carlo Mense, Franz Wilhelm Seiwerts Linolschnitt Heilige und eine seltene Lithografie von Conrad Felixmüller mit zwei Menschen, die zu den Sternen streben – es ist die Himmelfahrt der 1919 ermordeten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Es sind sakrale Themen, aber auch Werke, die immer wieder den politischen Anspruch der Kunst in den 1920er Jahren verdeutlichen. Es geht aber auch immer wieder um die Visionen und die Utopien der Künstler, die sich in Krisenzeiten entwickeln. | Madonna in den Trümmern | Den Aufbruch nach dem zerstörerischen Zweiten Weltkrieg verkörpert im Kolumba wohl die Madonna in den Trümmern – geschaffen vom jungen Gottfried Böhm in den Jahren 1949/50. Er bekam nach der Zerstörung der Kirche vom letzten Pfarrer von Kolumba, Josef Geller, den Auftrag eine Kapelle für die inmitten der Trümmerwüste stehengebliebenen Marienfigur, deren Bild nach Kriegsende durch Welt gegangen war, zu bauen. | Wie schon in früheren Jahresausstellung werden Sakrales und Profanes im Kunstmuseum des Erzbistums immer wieder zueinander in Kontrast gestellt. Aktuell sind dies beispielsweise Otto Dix' „Pferdekadaver“ oder Heinrich Hoerles Schockszenen aus der „Krüppel-Mappe“, die mit kirchlichen Werken wie die „Beweinung Christi“ oder Adalbert Trillhasses „Adam und Eva – Vertreibung aus dem Paradies“ in einen außergewöhnlichen Dialog treten. | Durch den Raum zu schweben scheinen „Die Heiligen Drei Könige“ von Michael Buthe aus dem Jahr 1989 – sie bestehen aus Fundholz, Stühlen, Körben, Federn, Farbe und aus einer Glühlampe. Ihre Geschichte ist eng mit Köln verbunden, liegen doch im Dom die Reliquien der drei Weisen aus dem Morgenland. Hier kommen auf eine besondere Weise Ost und West zusammen. | Ein besonderes Highlight der neuen Jahresausstellung ist das Klaus Peter Schnüttger-Webs-Museum. Erfunden wurde diese Kunstfigur vom Fotografen Ulrich Tillmann. Das nach ihm benannte Museum eröffnet 1986 zeitgleich mit dem neuen Museum Ludwig. Allerdings bliebt es nur einen einzigen Tag geöffnet – wegen „enormen Folgekosten“. Das Museum, das eigentlich besser als Archiv bezeichnet werden könnte und das den Kunstbetrieb genüsslich auf die Schippe nimmt, erlebt durch das Kolumba eine Revitalisierung und das für deutlich mehr als einen Tag.« (Stephan Eppinger, Kolumba – Wenn aus Katastrophen Kunst wird, report-k. Internetzeitung Köln, 15.9.2019)
 
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»An ihre erste Begegnung mit dem Kolumba-Museum in Köln kann sich die belgische Tänzerin und Choreografin Anne Teresa de Keersmaeker noch gut erinnern: „Ich habe das Gebäude gesehen und es wirklich geliebt. Darauf habe ich noch weitere Bauwerke des Architekten Peter Zumthor besucht. In diesem Museum einmal etwas machen zu können, stand ganz weit oben in meiner Prioritätenliste.“ Begeistert ist De Keersmaeker vor allem vom Zusammenspiel der historischen und der modernen Gebäudeteile, von der Geschichte der Zerstörung und vom Wiederaufbau. „Es ist wirklich ein Vergnügen, hier die Details des Gebäudes zu erkunden – die Materialien, die Linien und das natürlich einfallende Licht.“ Das Gebäude habe verschiedene Aspekte vom Gefängnis bis zur Kathedrale und dem Ort des Nachdenkens. | Jetzt ist die Choreografin mit ihrer Compagnie Rosas und dem Stück „Dark Red“ noch bis zum 20. September täglich von 12 bis 17 Uhr zu Gast im Kolumba. Gestern gab es die Uraufführung auf der zweiten Etage. Zuvor war De Keersmeaker bereits mit adaptierten Stücken unter anderem im Moma in New York, in der Tate Gallery in London und im Centre Pompidou in Paris zu Gast. „Dark Red“ ist anders als bislang, das erste speziell für ein Museum und seine Architektur geschaffene Stück. Es ist der Auftakt der Sonderausstellung „Das kleine Spiel zwischen dem Ich und dem Mir“, die Kunst und Choreografie verbindet. Insgesamt acht Kapitel wird es bis in den November hinein geben, jedes mit einer ganz eigenen Herangehensweise und einem ganz eigenen Schwerpunkt. Zu jedem Kapitel wird es im Kolumba ein eigenes Künstlerheft geben. | „Dark Red“ schafft ausgehend von der Zahl 12 Raum für gegenseitige Interpretation: Ein Dodekaeder, der aus zwölf regelmäßigen Fünfecken gebildet wird, die zwölf Teile von Salvatores Sciarrinos „L'Opera Per Flauto“, zwölf männliche Tänzer und die zwölf Apostelbilder von El Greco. In ihrem neuesten Stück konzentriert sich De Keersmaeker auf die moderne Wissenschaft. Im leeren Museumsgebäude von Kolumba mit seinen labyrinthartigen Räumen kommt es einem vor, als könnte man Gottfried Leibniz und Isaac Newton streiten hören über die Schwerkraft, über die Natur von Zeit und Raum und die Polarität der Substanzen. Für die Konzeption ihrer Stücke geht De Keersmaeker oft von den einfachsten Bewegungen aus. Bei „Dark Red“ ist dies die Atmung. Mit ihren spezifischen Atemtechniken ist die Opera per Flauto Ausgangspunkt, um die Bewegung des Tanzes mit der Bewegung der Musik zu verbinden. | Das vereint sich alles im zweiten Obergeschoss des Kolumba, das von Tageslicht durchflutet wird. Die Kunstwerke dort wurden für die Tänzer und die zwei Musiker komplett entfernt, sodass die Bewegung und der Tanz hier ganz im Mittelpunkt stehen. Da, wo sonst Kunstwerke die Räume bewohnen, kommen jetzt Körper von Tänzern ins Spiel. „Dark Red“ handelt von der fragilen und zerbrechlichen Beziehung des menschlichen Körpers zur Natur. Diese Thematik findet Ausdruck in der choreografischen Interpretation von Albrecht Dürers „Die Melancholie“. Er wird für Keersmaeker zum Sinnbild des Abgrunds, an dem sich die Unmöglichkeit einer totalen Begreifbarkeit und Kontrolle der Natur zeigt. | Aus der Raumsituation ergibt sich in Corona-Zeiten ein weiterer Vorteil: der Luftaustausch im Raum kann zu 100 Prozent mit Frischluft erfolgen, die von oben in den Raum eindringt und die Aerosole von oben auf den Boden drückt, wo diese abgesaugt werden können. Trotzdem gelten auch hier Maskenpflicht und die Abstandsregeln. So will man sicherstellen, das die Besucher das Geschehen auch wirklich unbeschwert genießen können. | Noch bis in die Nacht haben Anne Teresa de Keersmaeker vor der Uraufführung am Montag noch gearbeitet. Davor war die Woche für die Tänzer und die Choreografin schon sehr intensiv. „Es gibt Dinge, die im Museum anders sind. So haben wir hier nicht wie gewohnt einen Holzboden, was das Tanzen sehr anstrengend macht.“ Entstanden ist die Kooperation in der Zusammenarbeit mit dem Compagnie von Kuratorin Barbara von Flüe vom Kolumba und der Tanzbeauftragten der Stadt, Hanna Koller. Davor hatte De Keersmaeker bereits mehrmals an verschiedenen Orten in Köln gastiert und in der Halle Kalk auch selbst getanzt. | „Für uns war das ein Experiment voller Tücken. Das ist ein Format, das man weder im Museum noch beim Tanz kennt. Aber gerade in dieser für die Kultur schwierigen bis katastrophalen Zeit ist es wichtig, ihr einen Raum zu geben. Dazu muss man Formate überdenken und so Synergien freisetzen. Das Kolumba versteht sich von Anfang an als ästhetisches Labor, in dem wir jetzt in jeder Woche eine weitere künstlerische Position vorstellen“, sagt Museumsdirektor Stefan Kraus. | Kombiniert wird der Tanz auf der zweiten Etage mit einer Ausstellung in den Räumen darunter. Dort sind Zeichnungen der Choreografin De Keersmaeker zu sehen, die von ihr mit Objekten aus der Sammlung des Kolumba kombiniert worden sind. In den Werken der Belgierin werden Bewegungen in Zeichen umgeschrieben. Es geht um die Organisation von Bewegung in Raum und Zeit. Sie sind in verschiedenen geometrischen Formen festgeschrieben worden.« (Stephan Eppinger, report-k, Internetzeitung Köln, 14.9.2020)

»Das Kölner Museum Kolumba begeistert mit seiner neuen Jahresausstellung „1919 49 69 ff – Aufbrüche“. Köln | Das Kolumba geht als Museum gerne seine ganz eigenen Wege – so verlängerte man im Vorjahr die Kooperation mit dem Römisch-Germanischen Museum und nahm sich für die Konzeption und Vorbereitung der neuen Jahresausstellung deutlich mehr Zeit – in eine Investition, die sich eindeutig gelohnt hat. „1919 49 69 ff – Aufbrüche“ lautet der Titel der neuen Schau, die sich durch das gesamte Haus vom Foyer bis in den zweiten Stock zieht. Sie besteht vorwiegend aus Objekten aus der eigenen, umfangreichen Sammlung des Kolumba. Noch nie hat man so viele Werke in einer Schau gezeigt und noch nie wurden so viele zum ersten Mal den Besuchern präsentiert. | Chronologisch nach den Katastrophen und Umbrüchen des vergangenen Jahrhunderts ist das Ganze aufgebaut. Ein Symbol für den Aufbruch findet sich direkt nach dem Eingang – es ist Victoria Bells „Propeller für D“ - eine mächtige Holzskulptur, der man nicht so recht abzunehmen mag, dass sie jederzeit abheben könnte. Das Symbol des Propellers in Form von 640 Computerlüftern, die in einen riesigen Schildkrötenpanzer integriert sind, der ein wenig an Star Wars erinnert, findet sich bei Marek Poliks Klangskulptur „Interdictor“ im zweiten Stock wieder. Hier erzeugen die kleinen Ventilatoren den einzigartigen Sound der Installation, die auch begehbar ist. Sie steht im Kontrast und im direkten Zusammenspiel mit Norbert Prangenbergs farblich und von der Form sehr bewegten Riesengemälde an der Wand gegenüber. | 1919 – die Zeit nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zeigt, wie aus einer Katastrophe und dem totalen Desaster neue Kreativität entsteht, die auch immer durch die Brille der Kunst sich mit der Gegenwart in Verbindung setzt. Es ist das in diesem Jahr schon viel gefeierte Zeitalter des Bauhauses, das im Kolumba „aus der Froschperspektive“ heraus, nämlich vorwiegend mit Werken Andor Weiningers, erzählt wird. Der Aufbruch spiegelt sich auch bei den Kölner Progressiven und dem Jungen Rheinland wider und präsentieren sich in den Werken von Franz Wilhelm Seiwert und Walter Ophey. | Immer wieder werden besondere Werke zusammen- und gegenüber gestellt. In einem Raum sind dies im notwendigen Dämmerlicht zum Beispiel der futuristische Entwurf für einen Kirchenraum von Carlo Mense, Franz Wilhelm Seiwerts Linolschnitt Heilige und eine seltene Lithografie von Conrad Felixmüller mit zwei Menschen, die zu den Sternen streben – es ist die Himmelfahrt der 1919 ermordeten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Es sind sakrale Themen, aber auch Werke, die immer wieder den politischen Anspruch der Kunst in den 1920er Jahren verdeutlichen. Es geht aber auch immer wieder um die Visionen und die Utopien der Künstler, die sich in Krisenzeiten entwickeln. | Madonna in den Trümmern | Den Aufbruch nach dem zerstörerischen Zweiten Weltkrieg verkörpert im Kolumba wohl die Madonna in den Trümmern – geschaffen vom jungen Gottfried Böhm in den Jahren 1949/50. Er bekam nach der Zerstörung der Kirche vom letzten Pfarrer von Kolumba, Josef Geller, den Auftrag eine Kapelle für die inmitten der Trümmerwüste stehengebliebenen Marienfigur, deren Bild nach Kriegsende durch Welt gegangen war, zu bauen. | Wie schon in früheren Jahresausstellung werden Sakrales und Profanes im Kunstmuseum des Erzbistums immer wieder zueinander in Kontrast gestellt. Aktuell sind dies beispielsweise Otto Dix' „Pferdekadaver“ oder Heinrich Hoerles Schockszenen aus der „Krüppel-Mappe“, die mit kirchlichen Werken wie die „Beweinung Christi“ oder Adalbert Trillhasses „Adam und Eva – Vertreibung aus dem Paradies“ in einen außergewöhnlichen Dialog treten. | Durch den Raum zu schweben scheinen „Die Heiligen Drei Könige“ von Michael Buthe aus dem Jahr 1989 – sie bestehen aus Fundholz, Stühlen, Körben, Federn, Farbe und aus einer Glühlampe. Ihre Geschichte ist eng mit Köln verbunden, liegen doch im Dom die Reliquien der drei Weisen aus dem Morgenland. Hier kommen auf eine besondere Weise Ost und West zusammen. | Ein besonderes Highlight der neuen Jahresausstellung ist das Klaus Peter Schnüttger-Webs-Museum. Erfunden wurde diese Kunstfigur vom Fotografen Ulrich Tillmann. Das nach ihm benannte Museum eröffnet 1986 zeitgleich mit dem neuen Museum Ludwig. Allerdings bliebt es nur einen einzigen Tag geöffnet – wegen „enormen Folgekosten“. Das Museum, das eigentlich besser als Archiv bezeichnet werden könnte und das den Kunstbetrieb genüsslich auf die Schippe nimmt, erlebt durch das Kolumba eine Revitalisierung und das für deutlich mehr als einen Tag.« (Stephan Eppinger, Kolumba – Wenn aus Katastrophen Kunst wird, report-k. Internetzeitung Köln, 15.9.2019)