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KOLUMBA :: Veranstaltungen :: 11/15 Lesewerkstatt
5. November 2015, 15.15 Uhr, Lesezimmer
Lesewerkstatt der Uni Bonn: Schreibprozesse hörbar machen
Marcel Beyer, Das Rheinland stirbt zuletzt
Was lesen wir, wenn wir lesen? Der gedruckte Text gilt als verbindliche Grundlage. Unter seiner Oberfläche verbirgt sich jedoch die Schichtung vieler weiterer Texte. Ihre Lektüre enthüllt, wie sich im Prozess des Schreibens ein Gewirr von Fäden – abgetrennt, neu geknüpft oder beiseite gelegt – zu einem Gewebe (lat. textus) ordnet und fügt.
Studierende der Literaturwissenschaft an der Universität Bonn widmen sich unter Leitung von Gabriele Wix den Schichten hinter dem gedruckten Text und reagieren mit einem experimentellen philologischen Ansatz auf die Herausforderung einer Jahresausstellung mit dem Thema »Der rote Faden – Ordnungen des Erzählens«. Sie tragen die Textgenese in einer öffentlichen Lesung vor. Der Seminarraum wird in das Lesezimmer von Kolumba verlegt.
Gegenstand ist das Reportage-Gedicht »Das Rheinland stirbt zuletzt« von Marcel Beyer, einem der bedeutendsten Vertreter der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Veröffentlicht in dem mit dem Bremer Literaturpreis ausgezeichneten Lyrikband Graphit, Suhrkamp 2014, handelt es von dem Zusammensturz des Kölner Stadtarchivs: »Südstadt. Im Flutlicht liegt / das größte Lawinenfeld / nördlich der Alpen. Ein / buch-, ein buchstabenübersäter / Lawinengarten.«
Als »Spurendichtung« erscheint dem Dichter die Sicherung der Trümmer aus dem Schutt. „Spurendichtung“ ist aber auch sein Text im Verweben von Materialien aus den Medien mit Zitaten aus den verschütteten Archivalien und eigenen Beobachtungen. Marcel Beyer stellte ein Dossier des Schreibprozesses für die Arbeit im Seminar zur Verfügung, einen 85 Seiten umfassenden Computerausdruck, in dem es den roten Faden aufzufinden galt. Der Autor ist bei der Lesung anwesend.
Moderation und Leitung: Gabriele Wix